Totgeblaute leben bekanntlich länger. Bis zum Saarbrücken-Spiel war beim MSV Duisburg kein großer Fortschritt zu erkennen. Im Gegenteil: Die Leistungen wurden gefühlt immer schlechter und Boris Schommers' Bilanz hätte bis dahin kaum schlechter sein können.
Eineinhalb Wochen später sieht die Welt bei den Zebras plötzlich ganz anders aus. Zwei Auswärtspunkte bei ambitionierten Gegnern und dazwischen der Last-Minute-Pflichtsieg gegen Lübeck haben der Mannschaft neues Leben eingehaucht. Zwei Spiele davon bestritten die Meidericher sogar ohne ihren Besten, Caspar Jander.
Glänzen konnte dafür ein anderer: Santiago Castaneda. Durch sein erstes Profitor wurde der 19-jährige US-Amerikaner vor einer Woche zum umjubelten Helden und überzeugte auch in Aue mit einem Traumpass in der Entstehung von Niklas Kölles Treffer zum 1:1-Endstand. Ruhe am Ball, gute Übersicht, Zweikampfstärke. Castaneda bringt Eigenschaften mit, die man bei den Zebras lange vermisst hat.
Den Kampf konnte man der Truppe nur selten absprechen, nun zeigen sich auch spielerische Fortschritte. Führt Schommers den MSV doch noch zum Erfolg? Es wäre ihm zu wünschen. Denn die kritischen Stimmen waren seit seinem ersten Tag laut. Viele Fans konnten die Verpflichtung nicht nachvollziehen und forderten schnell U19-Trainer Engin Vural zurück auf der Bank.
Diese Diskussionen können schnell ausgelöscht werden. Vorausgesetzt, Schommers geht seinen beim Amtsantritt angekündigten Weg weiter. Der analytische Trainer strahlt viel Ruhe und Optimismus aus. Das Ziel bis zur Winterpause lautet, sich möglichst nah ans rettende Ufer heranzukämpfen. Nicht ganz unwahrscheinlich, doch die Serie muss weitergehen.
Mit Dynamo Dresden kommt am Sonntag in einer Woche zwar der Top-Favorit auf den Zweitliga-Aufstieg nach Duisburg, nach drei sieglosen Spielen ist das Team von Markus Anfang aber auch angeknackst. Am 20. Dezember geht es dann noch gegen den Tabellenletzten aus Freiburg, ebenfalls vor heimischer Kulisse.
Die Vorweihnachtsstimmung in Aue haben die Zebras mit einem erneut kompakten Auftritt zerstört, die neue Innenverteidigung Marvin Knoll und Joshua Bitter blieb erneut stabil und könnte sich als Trumpf im Abstiegskampf herausstellen. Auch Sebastian Mai als Stürmer wird immer gefährlicher, fehlt aber gegen Dresden gelbgesperrt. Trotzdem hat es Ex-Stürmer Sascha Mölders bei Magenta Sport unlängst auf den Punkt gebracht. Mais Aufstellung sei eine Backpfeife für jeden gelernten Stürmer.
Wenn Schommers jetzt noch die formschwachen Benjamin Girth, Alexander Esswein und Pascal Köpke (derzeit verletzt) in den Griff bekommt, wird auch in der Offensive irgendwann der Knoten platzen. Qualität bringen alle drei zu Genüge mit, nur das Selbstvertrauen fehlt.
Beim Großteil des Teams wird die Brust pünktlich zum Jahresendspurt dagegen breiter. Das kann nur der Anfang sein: Für eine Aufholjagd, die dem MSV in dieser Form vor wenigen Tagen nur die Wenigsten überhaupt noch zugetraut hätten.